Im Bereich der Geh- und Fahrtrechte herrscht insbesondere bei Liegenschaftstransaktionen häufig großes „Konfliktpotenzial“. Nicht im Grundbuch sichergestellte Geh- und Fahrtrechte sind nur eines von zahlreichen Beispielen, welche in der Praxis häufig zu gerichtlichen Auseinandersetzungen führen.
I. Liegenschaftsankauf – Prüfung der Sach- und Rechtslage im Hinblick auf die Zufahrt zur Liegenschaft:
Vor Erwerb einer Liegenschaft sollte unbedingt die Rechtslage betreffend der Zufahrt geprüft werden. Häufig besteht keine direkte Zufahrtsmöglichkeit über eine öffentliche Straße, sodass die Zufahrt über eine oder mehrere Liegenschaften der Grundstücksnachbarn erfolgen muss.
In diesem Fall ist zu prüfen, ob mit den Grundstückseigentümern der Nachbarliegenschaften entsprechende Verträge (Dienstbarkeits- oder Servitutsverträge genannt) für die Nutzung des fremden Grundstücks in Form der Einräumung eines Geh- und/oder Fahrtrechts abgeschlossen wurden. Sollte es zum Abschluss solcher Verträge gekommen sein, ist weiters essenziell, dass die sich daraus ergebenden Geh- und Fahrtrechte im Grundbuch eingetragen sind. Nur durch eine Eintragung im Grundbuch kann sichergestellt werden, dass auch der Erwerber der Liegenschaft dieses Geh- und Fahrtrecht für sich beanspruchen kann.
II. Erwerb des Geh- und Fahrtrechtes durch Ersitzung:
Häufig erfolgt der Erwerb eines Geh- und Fahrtrechtes auch durch Ersitzung. Unter einer Ersitzung versteht man den Erwerb eines Rechtes durch qualifizierten Besitz während einer gesetzlich bestimmten Zeit. Gegenüber natürlichen Personen beträgt die Ersitzungsfrist für unbewegliche Sache 30 Jahre, gegenüber juristischen Personen 40 Jahre. Weitere Ersitzungsvoraussetzung ist die gutgläubige Ausübung dieses Rechts. Eine solche liegt dann vor, wenn man glaubt, dass einem die Ausübung dieses Rechts zusteht.
Insbesondere im Bereich benachbarter Liegenschaften werden fremde Grundstücke und Zufahrten häufig in dem guten Glauben mitbenutzt, dass man hiezu berechtigt ist. Wenn also etwa eine über ein fremdes Grundstück führende Zufahrt ununterbrochen mehr als 30 Jahre lang gutgläubig genutzt wird, kann ein Rechtsanspruch auf Nutzung dieser Zufahrt im bisherigen Umfang aufgrund von Ersitzung bestehen. Dieser Rechtsanspruch sowie die Eintragung im Grundbuch können auch gerichtlich durchgesetzt werden.
III. Conclusio:
Dem Käufer einer Liegenschaft ist daher dringend zu empfehlen, vor Erwerb einer Liegenschaft die Frage der Zufahrtsmöglichkeit sowie das Bestehen allfälliger Dienstbarkeiten im Allgemeinen im Detail zu prüfen. Wir stehen für eine solche Prüfung sowie für alle anderen Fragen im Zusammenhang mit Dienstbarkeiten selbstverständlich jederzeit gerne zur Verfügung.
© RA Mag. Daniel Lassingleithner, LLM.oec.
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