von Daniel Lassingleithner | Apr 29, 2020 | Reiserecht
Aus gegebenen Anlass haben wir unseren Beitrag vom 08.03.2020 samt erstem Update vom 09.04.2020 nochmals überarbeitet und erweitert.
I. Wer ist mein Ansprechpartner?
Bei Beantwortung dieser Frage ist zwischen einer Pauschal- und einer Individualreise zu unterscheiden. Die Definition der Pauschalreise findet sich im Pauschalreisegesetz (kurz: PRG). Primär versteht man unter einer Pauschalreise eine Kombination aus mindestens zwei verschiedenen Arten von Reiseleistungen für den Zweck derselben Reise, wenn diese Leistungen von einem Unternehmer auf Wunsch oder entsprechend einer Auswahl des Reisenden vor Abschluss eines einzigen Vertrags über sämtliche Leistungen zusammengestellt werden. Der klassische Fall ist daher die Buchung einer Reise über das Reisebüro, bei welchem sogleich Flüge, Hotel und Transport in Einem gebucht werden. Aber auch bei einer Online-Buchung liegt oft eine Pauschalreise vor. Weitere im Gesetz definierte Fälle werden ebenfalls als Pauschalreise gesehen.
Der Anwendungsbereich des PRG erstreckt sich nicht nur auf das Verhältnis Unternehmer – Verbraucher (B2C), sondern auch auf Unternehmergeschäfte (B2B) wie insbesondere Dienstreisen.
Bei einer Individualreise werden im Gegensatz zur Pauschalreise Flüge, Hotel und Transport etc. jeweils separat gebucht. Unter die Kategorie der Individualreise fallen daher auch unterschiedliche Vertragstypen.
Im Falle einer Pauschalreise ist der Reiseveranstalter Ihr einziger Vertrags- und somit auch Ansprechpartner, sodass Sie auch ausschließlich gegenüber diesem den Rücktritt erklären müssen. Hingegen müssen Sie bei einer Individualreise mit jedem Ihrer Vertragspartner (Fluggesellschaft, Hotel etc.) verhandeln bzw gegenüber jedem Vertragspartner den Rücktritt erklären.
II. Pauschalreise
Gemäß § 10 Abs 2 PRG kann der Reisende vor Beginn der Pauschalreise ohne Zahlung einer Entschädigung (= Stornogebühr) vom Pauschalreisevertrag zurücktreten, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare und außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen. Tritt der Reisende nach diesem Absatz vom Pauschalreisevertrag zurück, so hat er Anspruch auf volle Erstattung aller für die Pauschalreise getätigten Zahlungen (Anzahlung etc.), nicht aber auf eine zusätzliche Entschädigung.
Bei der gegenständlichen Covid-19-Pandemie handelt es sich wohl unstrittig um einen unvermeidbaren und außergewöhnlichen Umstand, sodass ein kostenloses Rücktrittsrecht besteht, zumal in den Gesetzesmaterialien zum PRG der Ausbruch einer schweren Krankheit am Reiseziel explizit als Beispiel angeführt wird. Der Reisende kann also zurücktreten, eine Vertragsanpassung, etwa in Form einer Umbuchung oder angebotener Gutscheine, muss nicht akzeptiert werden.
Wesentlich ist dabei jedoch der Zeitpunkt der Ausübung dieses Rücktrittsrechtes. Der Reisende darf keinesfalls vorschnell seinen Rücktritt von der Reise erklären, da in diesem Fall ein Rücktritt nur nach den jeweils im Einzelfall geltenden Stornobedingungen möglich ist. Es empfiehlt sich daher, die weitere Entwicklung abzuwarten. Sollte sodann 2 – 3 Wochen vor der geplanten Reise am Bestimmungsort (dem Reiseziel) oder in dessen unmittelbarer Nähe weiterhin ein unvermeidbarer und außergewöhnlicher Umstand vorliegen, kann grundsätzlich kostenlos der Rücktritt erklärt werden. Wesentlich ist also, keinesfalls „vorschnell“ den Rücktritt zu erklären.
Nach dem PRG hat der Reisende auch dann ein kostenfreies Rücktrittsrecht, wenn ihm der Reiseveranstalter eine Umbuchung auf eine gleichwertige Ersatzreise anbietet. Wesentlich ist weiters, dass dem Reisenden dieses Rücktrittsrecht nur dann zukommt, wenn die Umstände, die der Reisende geltend macht, am Bestimmungsort (Urlaubsort) oder in dessen unmittelbarer Nähe auftreten. Im gegebenen Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie muss daher immer die aktuelle Situation im Urlaubsziel vor Ausübung des Rücktrittsrechts geprüft werden.
III. Individualreise
Ein kostenloser Rücktritt könnte bei einem sogenannten „Wegfall der Geschäftsgrundlage“ möglich sein. Gehen die Parteien bei Vertragsabschluss selbstverständlich vom Bestehen, (unveränderten) Fortbestehen oder künftigen Eintritt bestimmter Umstände im Vertragsumfeld aus und werden sie in ihrer Erwartung enttäuscht, ohne für diesen Fall vertraglich eine Regelung vorgesehen zu haben, stellt sich die Frage nach den Auswirkungen dieser Umstandsänderung auf den Vertrag. Eine Pandemie am Urlaubsort kann unter bestimmten Voraussetzungen einen Wegfall der Geschäftsgrundlage darstellen, sodass ein kostenloser Rücktritt möglich sein könnte.
Wesentlich ist jedenfalls, dass die „Buchung“ der Reise in eine betroffene Region bereits vor dem „Ausbruch“ des Virus in dieser konkreten Region erfolgte, andernfalls keine überraschende Änderung der Umstände mehr vorliegen würde. Wenn also das Reiseziel in einem von der Covid-19-Pandemie betroffenen Gebiet liegt und die „Buchung“ der Reise bereits vor dem „Ausbruch“ erfolgte, kann meines Erachtens – abhängig von den Umständen des Einzelfalls – grundsätzlich der Rücktritt vom jeweiligen Vertrag erklärt werden. Allerdings ist zu beachten, dass bei einem Wegfall der Geschäftsgrundlage primär eine Vertragsanpassung vorzunehmen ist. Im Rahmen der Vertragsanpassung könnte dem Reisenden daher sogar ein Wechsels des Reiseziels zumutbar sein, wenn das alternative Reiseziel in etwa dem ursprünglichen entspricht. Ist die Umbuchung unzumutbar, kann der Reisende vom Vertrag ohne Stornogebühren zurücktreten; bereits geleistete Anzahlungen können zurückgefordert werden.
Dies allerdings nicht bereits Monate vorher, sondern erst zeitnahe vor Antritt der Reise, da die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Reiseantritts entscheidend sind. Eine offizielle Reisewarnung ist für einen Rücktritt grundsätzlich keine Voraussetzung.
Sondergesetzliche Bestimmungen können für die gebuchten Flüge gelten. Die Ausbreitung des Coronavirus hat dazu geführt, dass nahezu alle Airlines den Flugbetrieb vorübergehend eingestellt bzw massiv reduziert haben. Infolgedessen werden zahlreiche Flüge nicht durchgeführt. Wenn der jeweilige Flug in einem Mitgliedsstaat der EU angetreten oder von einer in einem EU-Mitgliedsstaat ansässigen Fluggesellschaft ausgeführt worden wäre, kommen die Regelungen der EU-Fluggastrechteverordnung (VO 261/2004/EG) zur Anwendung.
Wenn ein geplanter Flug nicht durchgeführt wird (Nichtbeförderung) liegt eine Flugannullierung iSd Art 2 lit l Fluggastrechte-VO vor. Nach Art 8 der Fluggastrechte-VO kann der Reisende die vollständige Erstattung des Flugpreises verlangen oder wahlweise eine anderwärtige Beförderung in Anspruch nehmen. Eine Umbuchung ohne Zustimmung des Reisenden ist nicht zulässig
IV. Kann ich bei Abschluss einer Stornoversicherung kostenlos zurücktreten?
Grundsätzlich ist diese Frage abhängig von den Vertragsbedingungen der jeweils abgeschlossenen Stornoversicherung und somit von den Umständen des Einzelfalls. Allerdings „greifen“ Stornoversicherungen im Allgemeinen nur dann, wenn Sie selbst krank werden und eine entsprechende Arztbestätigung vorliegt. Eine abgeschlossene Stornoversicherung wird daher nur in wenigen Fällen tatsächlich helfen.
V. Fazit:
Abhängig von den Umständen des Einzelfalls kann also unter bestimmten Voraussetzungen ein kostenloser Rücktritt von der geplanten Reise möglich sein. Aufgrund der großen Einzelfallbezogenheit sollte dies jedoch im Detail geprüft werden. Eine solche Prüfung übernehmen wird natürlich jederzeit gerne für Sie.
(c) RA Dr. Daniel Lassingleithner, LLM.oec.
Disclaimer: Diese Übersicht dient ausschließlich der unverbindlichen Information und ersetzt keine individuelle Rechtsberatung, weshalb hierfür auch keine Haftung übernommen werden kann.
von Daniel Lassingleithner | Apr 9, 2020 | Reiserecht
Wir haben unseren Beitrag vom 08.03.2020 aus aktuellem Anlass nochmals überarbeitet.
I. Wer ist mein Ansprechpartner?
Bei Beantwortung dieser Frage ist zwischen einer Pauschal- und einer Individualreise zu unterscheiden. Die Definition der Pauschalreise findet sich im Pauschalreisegesetz (kurz: PRG). Primär versteht man unter einer Pauschalreise eine Kombination aus mindestens zwei verschiedenen Arten von Reiseleistungen für den Zweck derselben Reise, wenn diese Leistungen von einem Unternehmer auf Wunsch oder entsprechend einer Auswahl des Reisenden vor Abschluss eines einzigen Vertrags über sämtliche Leistungen zusammengestellt werden. Der klassische Fall ist daher die Buchung einer Reise über das Reisebüro, bei welchem sogleich Flüge, Hotel und Transport in Einem gebucht werden. Aber auch bei einer Online-Buchung liegt oft eine Pauschalreise vor. Weitere im Gesetz definierte Fälle werden ebenfalls als Pauschalreise gesehen. Bei einer Individualreise werden hingegen Flüge, Hotel und Transport etc. jeweils separat gebucht.
Im Falle einer Pauschalreise ist der Reiseveranstalter Ihr einziger Vertrags- und somit auch Ansprechpartner, sodass Sie auch ausschließlich gegenüber diesem den Rücktritt erklären müssen. Hingegen müssen Sie bei einer Individualreise mit jedem Ihrer Vertragspartner (Fluggesellschaft, Hotel etc.) verhandeln bzw gegenüber jedem Vertragspartner den Rücktritt erklären.
II. Pauschalreise
Gemäß § 10 Abs 2 PRG kann der Reisende vor Beginn der Pauschalreise ohne Zahlung einer Entschädigung (= Stornogebühr) vom Pauschalreisevertrag zurücktreten, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare und außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen. Tritt der Reisende nach diesem Absatz vom Pauschalreisevertrag zurück, so hat er Anspruch auf volle Erstattung aller für die Pauschalreise getätigten Zahlungen, nicht aber auf eine zusätzliche Entschädigung.
Bei der gegenständlichen Covid-19-Pandemie handelt es sich wohl unstrittig um einen unvermeidbaren und außergewöhnlichen Umstand, sodass ein kostenloses Rücktrittsrecht besteht. Wesentlich ist dabei jedoch der Zeitpunkt der Ausübung dieses Rücktrittsrechtes. Der Reisende darf keinesfalls vorschnell seinen Rücktritt von der Reise erklären, da in diesem Fall ein Rücktritt nur nach den jeweils im Einzelfall geltenden Stornobedingungen möglich ist. Es empfiehlt sich daher, die weitere Entwicklung abzuwarten. Sollte sodann 2 – 3 Wochen vor der geplanten Reise am Bestimmungsort (dem Reiseziel) oder in dessen unmittelbarer Nähe weiterhin ein unvermeidbarer und außergewöhnlicher Umstand vorliegen, kann grundsätzlich kostenlos der Rücktritt erklärt werden. Wesentlich ist also, keinesfalls „vorschnell“ den Rücktritt zu erklären.
Nach dem PRG hat der Reisende auch dann ein kostenfreies Rücktrittsrecht, wenn ihm der Reiseveranstalter eine Umbuchung auf eine gleichwertige Ersatzreise anbietet. Wesentlich ist weiters, dass dem Reisenden dieses Rücktrittsrecht nur dann zukommt, wenn die Umstände, die der Reisende geltend macht, am Bestimmungsort (Urlaubsort) oder in dessen unmittelbarer Nähe auftreten. Im gegebenen Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie muss daher immer die aktuelle Situation im Urlaubsziel vor Ausübung des Rücktrittsrechts geprüft werden.
III. Individualreise
Ein kostenloser Rücktritt könnte bei einem sogenannten „Wegfall der Geschäftsgrundlage“ möglich sein. Gehen die Parteien bei Vertragsabschluss selbstverständlich vom Bestehen, (unveränderten) Fortbestehen oder künftigen Eintritt bestimmter Umstände im Vertragsumfeld aus und werden sie in ihrer Erwartung enttäuscht, ohne für diesen Fall vertraglich eine Regelung vorgesehen zu haben, stellt sich die Frage nach den Auswirkungen dieser Umstandsänderung auf den Vertrag. Eine Pandemie am Urlaubsort kann unter bestimmten Voraussetzungen einen Wegfall der Geschäftsgrundlage darstellen, sodass ein kostenloser Rücktritt möglich sein könnte.
Wesentlich ist jedenfalls, dass die „Buchung“ der Reise in eine betroffene Region bereits vor dem „Ausbruch“ des Virus in dieser konkreten Region erfolgte, andernfalls keine überraschende Änderung der Umstände mehr vorliegen würde. Wenn also das Reiseziel in einem von der Covid-19-Pandemie betroffenen Gebiet liegt und die „Buchung“ der Reise bereits vor dem „Ausbruch“ erfolgte, kann meines Erachtens – abhängig von den Umständen des Einzelfalls – grundsätzlich der Rücktritt vom jeweiligen Vertrag erklärt werden. Dies allerdings nicht bereits Monate vorher, sondern erst zeitnahe vor Antritt der Reise, da die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Reiseantritts entscheidend sind. Eine offizielle Reisewarnung ist für einen Rücktritt grundsätzlich keine Voraussetzung.
Sondergesetzliche Bestimmungen können für die gebuchten Flüge. Die Ausbreitung des Coronavirus hat dazu geführt, dass nahezu alle Airlines den Flugbetrieb vorübergehend eingestellt bzw massiv reduziert haben. Infolgedessen werden zahlreiche Flüge nicht durchgeführt. Wenn der jeweilige Flug in einem Mitgliedsstaat der EU angetreten oder von einer in einem EU-Mitgliedsstaat ansässigen Fluggesellschaft ausgeführt worden wäre, kommen die Regelungen der EU-Fluggastrechteverordnung (VO 261/2004/EG) zur Anwendung.
Wenn ein geplanter Flug nicht durchgeführt wird (Nichtbeförderung), liegt eine Flugannullierung iSd Art 2 lit l Fluggastrechte-VO vor. Nach Art 8 der Fluggastrechte-VO kann der Reisende die vollständige Erstattung des Flugpreises verlangen oder wahlweise eine anderwärtige Beförderung in Anspruch nehmen. Eine Umbuchung ohne Zustimmung des Reisenden ist nicht zulässig
IV. Kann ich bei Abschluss einer Stornoversicherung kostenlos zurücktreten?
Grundsätzlich ist diese Frage abhängig von den Vertragsbedingungen der jeweils abgeschlossenen Stornoversicherung und somit von den Umständen des Einzelfalls. Allerdings „greifen“ Stornoversicherungen im Allgemeinen nur dann, wenn Sie selbst krank werden und eine entsprechende Arztbestätigung vorliegt. Eine abgeschlossene Stornoversicherung wird daher nur in wenigen Fällen tatsächlich helfen.
V. Fazit:
Abhängig von den Umständen des Einzelfalls kann also unter bestimmten Voraussetzungen ein kostenloser Rücktritt von der geplanten Reise möglich sein. Aufgrund der großen Einzelfallbezogenheit sollte dies jedoch im Detail geprüft werden. Eine solche übernehmen wird natürlich jederzeit gerne für Sie.
(c) RA Dr. Daniel Lassingleithner, LLM.oec.
Disclaimer: Diese Übersicht dient ausschließlich der unverbindlichen Information und ersetzt keine individuelle Rechtsberatung, weshalb hierfür auch keine Haftung übernommen werden kann.
von Daniel Lassingleithner | Mrz 8, 2020 | Allgemeines Zivilrecht, Reiserecht
Nachdem in unserer Kanzlei bereits erste Anfragen hinsichtlich der Möglichkeit eines kostenlosen Rücktritts einer bereits gebuchten Reise oder eines bereits geplanten Urlaubs in ein vom sogenannten Corona-Virus betroffenes Gebiet eingelangt sind, haben wir für Sie nachfolgend die rechtlichen Grundlagen kurz zusammengefasst.
I. Wer ist mein Ansprechpartner?
Bei Beantwortung dieser Frage ist zwischen einer Pauschal- und einer Individualreise zu unterscheiden. Die Definition der Pauschalreise findet sich im Pauschalreisegesetz (kurz: PRG). Primär versteht man unter einer Pauschalreise eine Kombination aus mindestens zwei verschiedenen Arten von Reiseleistungen für den Zweck derselben Reise, wenn diese Leistungen von einem Unternehmer auf Wunsch oder entsprechend einer Auswahl des Reisenden vor Abschluss eines einzigen Vertrags über sämtliche Leistungen zusammengestellt werden. Der klassische Fall ist daher die Buchung einer Reise über das Reisebüro, bei welchem sogleich Flüge, Hotel und Transport in Einem gebucht werden. Aber auch bei einer Online-Buchung liegt oft eine Pauschalreise vor. Weitere im Gesetz definierte Fälle werden ebenfalls als Pauschalreise gesehen. Bei einer Individualreise werden hingegen Flüge, Hotel und Transport etc. jeweils separat gebucht.
Im Falle einer Pauschalreise ist der Reiseveranstalter Ihr einziger Vertrags- und somit auch Ansprechpartner, sodass Sie auch ausschließlich gegenüber diesem den Rücktritt erklären müssen. Hingegen müssen Sie bei einer Individualreise mit jedem Ihrer Vertragspartner (Fluggesellschaft, Hotel etc.) verhandeln bzw gegenüber jedem Vertragspartner den Rücktritt erklären.
II. Kann ich bei Abschluss einer Stornoversicherung kostenlos zurücktreten?
Grundsätzlich ist diese Frage abhängig von den Vertragsbedingungen der jeweils abgeschlossenen Stornoversicherung und somit von den Umständen des Einzelfalls. Allerdings „greifen“ Stornoversicherungen im Allgemeinen nur dann, wenn Sie selbst krank werden und eine entsprechende Arztbestätigung vorliegt. Eine abgeschlossene Stornoversicherung wird daher nur in wenigen Fällen tatsächlich helfen.
III. Rücktritt wegen „Wegfall der Geschäftsgrundlage“ ?
Ein kostenloser Rücktritt könnte bei einem sogenannten „Wegfall der Geschäftsgrundlage“ möglich sein. Gehen die Parteien bei Vertragsabschluss selbstverständlich vom Bestehen, (unveränderten) Fortbestehen oder künftigen Eintritt bestimmter Umstände im Vertragsumfeld aus und werden sie in ihrer Erwartung enttäuscht, ohne für diesen Fall vertraglich eine Regelung vorgesehen zu haben, stellt sich die Frage nach den Auswirkungen dieser Umstandsänderung auf den Vertrag. Die Gefährdung der Gesundheit am Urlaubsort kann unter bestimmten Voraussetzungen einen Wegfall der Geschäftsgrundlage darstellen, sodass ein kostenloser Rücktritt möglich wäre.
Wesentlich ist jedenfalls, dass die „Buchung“ der Reise in eine betroffene Region bereits vor dem „Ausbruch“ des Virus in dieser konkreten Region erfolgte, andernfalls keine überraschende Änderung der Umstände mehr vorliegen würde. Wenn also das Reiseziel in einem vom Corona-Virus betroffenen Gebiet liegt – etwa in Norditalien – und die „Buchung“ der Reise bereits vor dem „Ausbruch“ erfolgte, kann meines Erachtens – abhängig von den Umständen des Einzelfalls – der Rücktritt von der Pauschalreise erklärt werden. Dies allerdings nicht bereits Monate vorher, sondern erst zeitnahe vor Antritt der Reise, da die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Reiseantritts entscheidend sind. Eine offizielle Reisewarnung ist für einen Rücktritt grundsätzlich keine Voraussetzung.
IV. Fazit:
Abhängig von den Umständen des Einzelfalls kann also unter bestimmten Voraussetzungen ein kostenloser Rücktritt von der geplanten Reise möglich sein. Aufgrund der großen Einzelfallbezogenheit sollte dies jedoch im Detail geprüft werden. Eine solche übernehmen wird natürlich jederzeit gerne für Sie
(c) RA Dr. Daniel Lassingleithner, LLM.oec.
Disclaimer: Diese Übersicht dient ausschließlich der unverbindlichen Information und ersetzt keine individuelle Rechtsberatung, weshalb hierfür auch keine Haftung übernommen werden kann.
von Daniel Lassingleithner | Jul 11, 2019 | Reiserecht
Passagiere können demnach auch bei Flügen mit einer Zwischenlandung außerhalb Europas samt anschließendem Anschlussflug, welcher sodann von einer nicht-europäischen Gesellschaft durchgeführt wird, bei einer Verspätung von mehr als drei Stunden am Endziel eine Entschädigung von der europäischen Fluggesellschaft fordern, sofern die gesamte Flugverbindung bei einem europäischen Anbieter gebucht wurde. (vgl. Rechtssache C 502/18).
Im gegenständlichen Fall wurde von den EU-Höchstrichtern ein bei der tschechischen Gesellschaft „Ceske aerolinie“ gebuchter Flug von Prag nach Bangkok samt Anschlussflug nach Abu Dhabi beurteilt.
Der Flug von Prag nach Abu Dhabi, welcher von der tschechischen Airline – und somit von einer europäischen Fluglinie – selbst ausgeführt wurde, war pünktlich. Der Anschlussflug, welcher im Rahmen eines sogenannten Code Sharing von der Gesellschaft „Etihad“ mit Sitz in den Vereinigten Arabischen Emiraten durchgeführt wurde, hatte am Ende mehr als acht Stunden Verspätung, weshalb Passagiere die tschechische Airline auf die nach EU-Recht vorgesehene Entschädigungszahlung gemäß der EU-Fluggastrechteverordnung verklagten.
Die tschechische Airline wehrte sich mit dem Argument, dass der verspätete Flug in der Verantwortung der anderen Fluggesellschaft gewesen sei und nicht von ihr durchgeführt wurde.
Zur Freude der Passagiere urteilte das europäische Höchstgericht am 11.07.2019, dass auch Flüge mit ein- oder mehrmaligen Umsteigen (Anschlussflüge) im Sinne der Fluggastrechte als Einheit zu werten sind, sofern sie Gegenstand einer einzigen Buchung waren. Entscheidend ist daher, dass die gesamte Flugverbindung bei einem europäischen Anbieter gebucht wurde.
Zusammenfassend lässt sich also festhalten, dass die tschechische Airline zur Zahlung verpflichtet ist, sich jedoch sodann bei der anderen Fluggesellschaft regressieren kann.
Wir prüfen gerne für Sie, ob bei Ihrem konkreten Sachverhalt ein Anspruch auf eine Ausgleichszahlung samt anderer etwaiger Ansprüche besteht. Da Fluggesellschaften auf außergerichtliche Zahlungsaufforderungen erfahrungsgemäß häufig in keinster Weise reagieren, setzen wir Ihre Ansprüche notwendigenfalls auch gerichtlich durch. Kontaktieren Sie uns noch heute und vereinbaren Sie einen Beratungstermin.
Sollte Sie Interesse an weiteren Informationen zu Ihren Rechten bei Flugverspätungen, Flugannullierungen und Verweigerung der Beförderung haben, lesen Sie auch unseren Beitrag von letzter Woche.
© Mag. Philipp Holzapfel
Disclaimer: Diese Übersicht dient ausschließlich der unverbindlichen Information und ersetzt keine individuelle Rechtsberatung, weshalb hierfür auch keine Haftung übernommen werden kann.
von Daniel Lassingleithner | Jul 3, 2019 | Reiserecht
Machen Sie Ihre Rechte bei Flugausfällen und/oder Verspätungen sowie bei Verweigerung der Beförderung nach der Fluggastrechteverordnung der Europäischen Union geltend!
I. Anwendungsbereich der Verordnung:
Seit 17.02.2005 gilt in der Europäischen Union die sogenannte Fluggastrechteverordnung (VO (EG) Nr. 261/2004). Der Anwendungsbereich der Verordnung erstreckt sich auf alle Flüge, die aus einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union (sowie Island und Norwegen) angetreten werden. Darüber hinaus können sich aus der Fluggastrechteverordnung ergebende Ansprüche aber auch dann eingefordert werden, wenn Sie einen Flug aus einem „Drittstaat“ antreten, aber in die EU, Island oder Norwegen fliegen und gleichzeitig der Flug mit einer in der EU bzw. in Island oder Norwegen ansässigen Fluggesellschaft erfolgt.
II. Regelungsgegenstand:
Die genannte Verordnung regelt die Ansprüche der Verbraucher bei Verspätung, Annullierung des Flugs und Verweigerung der Beförderung.
Unter einer Verweigerung der Beförderung wird verstanden, wenn einem Passagier trotz gültigem Ticket und gültigen Reisedokumenten und rechtzeitigem Eintreffen (nach Vorgabe in den Buchungsunterlagen – mangels Vorgabe spätestens 45 Minuten vor dem geplanten Abflug) am Check-In Schalter die Beförderung verweigert wird. In der Praxis kommt eine Verweigerung der Beförderung insbesondere bei „Überbuchungen“ vor.
Eine Flugannullierung bedeutet, dass ein gebuchter Flug gänzlich entfällt. Keine Flugannullierung liegt bei bloßer Verspätung vor.
III. Ihre Rechte:
1. Flugverspätung:
Bei einer Flugverspätung haben Sie unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung (Entschädigung) nach der EU-Fluggastrechteverordnung. Zunächst ist Voraussetzung, dass die EU-Fluggastrechteverordnung überhaupt zur Anwendung gelangt (vgl. Pkt. I.). Ist dies der Fall, ist zu prüfen, ob die Verspätung der „Sphäre“ der Fluggesellschaft zuzurechnen ist oder ob sogenannte „außergewöhnliche Umstände“ vorliegen, die außerhalb des Verantwortungsbereichs der Airline gelegen sind. Unter außergewöhnliche Umstände fallen etwa die Sperre eines Flughafens, schlechtes Wetter, Blitzschläge oder Streiks. Zu beachten ist, dass die Fluggesellschaft nachweisen muss, dass die Verspätung nicht durch zumutbare Maßnahmen vermeidbar gewesen wäre, sodass unter Umständen trotz außergewöhnlicher Umstände ein Anspruch auf eine Ausgleichszahlung bestehen kann.
Im Jahr 2009 sowie bei nachfolgenden Entscheidungen hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass bei einer Flugverspätung von über drei Stunden eine Entschädigung gemäß Artikel 7 der bereits mehrfach genannten Verordnung zusteht. Wesentlich ist, dass der Passagier sein Endziel nicht früher als drei Stunden nach der von dem Luftfahrtunternehmen ursprünglich geplanten Ankunftszeit erreicht. Entscheidend ist also immer, somit auch bei Anschlussflügen, die Ankunftszeit am Endziel.
Die Höhe der Ausgleichszahlung ist abhängig von der Flugdistanz. Die Flugdistanz ist dabei nach der Methode der Großkreisentfernung zu berechnen. Bei einer Flugstrecke bis 1.500 km besteht ein Entschädigungsanspruch in der Höhe von EUR 250,00, bei einer Flugstrecke bis zu 3.500 km haben Sie Anspruch auf Bezahlung einer Ausgleichszahlung in der Höhe von EUR 400,00 und bei einer Flugdistanz von mehr als 3.500,00 km haben Sie einen Anspruch auf Bezahlung einer Ausgleichszahlung in der Höhe von EUR 600,00.
Neben dem Entschädigungsanspruch hat Sie die Fluglinie mit Mahlzeiten und Getränken zu versorgen. Sie haben auch einen Anspruch darauf, dass Ihnen die Möglichkeit der Telekommunikation eingeräumt wird.
Verspätet sich der Abflug um mehr als fünf Stunden haben Sie zusätzlich die Möglichkeit, anstatt der späteren Beförderung die Rückerstattung des Ticketpreises zu fordern.
2. Flugannullierung:
Bei einem Flugausfall kommt Ihnen ein Wahlrecht zu. Entweder Sie fordern die Rückerstattung des Ticketpreises oder entscheiden sich für eine alternative Beförderung zum Endziel. Bei Annullierung eines Anschlussflugs haben Sie auch das Recht auf einen kostenlosen Rückflug zum Abflugsort.
Darüber hinaus haben Sie grundsätzlich auch bei der Flugannullierung einen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung (vgl. Pkt. III. 1.) und diverse Betreuungsleistungen, wie Mahlzeiten und Getränke. Verschiebt sich der Abflug auf den nächsten Kalendertag, muss Ihnen die Fluglinie grundsätzlich auch ein kostenloses Hotelzimmer zur Verfügung stellen, wobei auch die Kosten für den Transport zum Hotel von der Fluglinie zu übernehmen sind.
3. Verweigerung der Beförderung:
Auch bei der „Nichtbeförderung“ durch die Fluggesellschaft besteht der bereits dargestellte Anspruch auf eine Entschädigung. Im Falle einer Überbuchung ist die Fluggesellschaft verpflichtet, zunächst Freiwillige zu suchen, die gegen entsprechende Gegenleistung auf ihre Plätze verzichten.
Des Weiteren haben Sie wie bei einer Flugannullierung das Wahlrecht, entweder die Rückerstattung des Ticketpreises zu fordern oder auf eine alternative Beförderung zum Endziel zu bestehen. Bei Annullierung eines Anschlussflugs haben Sie auch das Recht auf einen kostenlosen Rückflug zum Abflugsort.
Verschiebt sich der Abflug auf den nächsten Kalendertag, muss Ihnen die Fluglinie grundsätzlich auch ein kostenloses Hotelzimmer zur Verfügung stellen, wobei auch die Kosten für den Transport zum Hotel von der Fluglinie zu übernehmen sind. Die Fluggesellschaft ist ebenfalls verpflichtet, Ihnen Getränke und Mahlzeiten zur Verfügung zu stellen.
4. Durchsetzung Ihrer Ansprüche:
Die Ansprüche sind unabhängig von der Buchung bei der ausführenden Fluggesellschaft („operated by“) geltend zu machen. Zur Durchsetzung Ihrer Ansprüche ist es unbedingt erforderlich, dass Sie alle Rechnungen und Belege in Zusammenhang mit den sich ergebenden Mehraufwendungen sowie sämtliche Buchungsunterlagen aufbewahren und alle relevanten Vorgänge dokumentieren.
Wir prüfen gerne für Sie, ob bei Ihrem konkreten Sachverhalt ein Anspruch auf eine Ausgleichszahlung samt anderer etwaiger Ansprüche besteht. Da Fluggesellschaften auf außergerichtliche Zahlungsaufforderungen erfahrungsgemäß häufig in keinster Weise reagieren, setzen wir Ihre Ansprüche notwendigenfalls auch gerichtlich durch. Kontaktieren Sie uns noch heute und vereinbaren Sie einen Beratungstermin.
© Mag. Daniel Lassingleithner, LLM.oec.
Disclaimer: Diese Übersicht dient ausschließlich der unverbindlichen Information und ersetzt keine individuelle Rechtsberatung, weshalb hierfür auch keine Haftung übernommen werden kann.