OGH 29.4.2019, 2 Ob 200/18b
Achtung beim Liegenschaftskaufvertrag – mündlicher Vertragsabschluss möglich und bindend!!
Zuletzt hat der Oberste Gerichtshof (kurz: OGH) erneut bestätigt, dass auch beim Liegenschaftskauf (also in der Praxis im Wesentlichen bei Erwerb einer Wohnung oder eines Hauses) grundsätzlich schon dann ein für beide Vertragsteile (Verkäufer und Käufer) voll verbindlicher Kaufvertrag zustande kommt, wenn auch bloß mündlich eine Einigung über Kaufgegenstand (Wohnung oder Haus) und Kaufpreis erzielt wird. Dies gilt sogar dann, wenn Nebenpunkte (Zeitpunkt der Übergabe, Gewährleistungsregelungen etc.) im Zuge der Verkaufsgespräche keinerlei Thema waren. Anderes gilt nur dann, wenn eine Vereinbarung über Nebenpunkte ausdrücklich vorbehalten wurde.
Wesentlich ist auch, dass die Errichtung einer verbücherungsfähigen Urkunde (der eigentliche Kaufvertrag) grundsätzlich keine Voraussetzung für die Wirksamkeit der bereits (mündlich) erzielten Einigung ist. Beim Kaufvertrag handelt es sich „lediglich“ um die für das Grundbuch notwendige Urkunde.
In der Praxis ist bei den Verhandlungen über eine Liegenschaftstransaktion daher penibel darauf zu achten, welche Zusagen mündlich gemacht werden. Es ist daher zu empfehlen, bereits in diesem Anfangsstadium eine anwaltliche Vertretung zur Beratung beizuziehen. Für eine solche stehen wir selbstverständlich jederzeit gerne zur Verfügung.
In diesem Zusammenhang möchte ich noch ausdrücklich auf folgendes Hinweisen: In der Praxis ist es nahezu ausnahmslos üblich, vor Unterfertigung eines Kaufvertrags ein sogenanntes Kaufanbot (welches in der Praxis häufig von einem Immobilienmakler vorbereitet wird) abzugeben. Dabei ist zu beachten, dass bereits durch Annahme dieses Kaufanbots durch den Verkäufer im Normalfall eine sogenannte Punktation (§ 885 ABGB) entsteht. Eine Punktation liegt vor, wenn die Parteien sich schriftlich über den wesentlichen Inhalt des Rechtsgeschäfts einigen, für einen späteren Zeitpunkt aber die Errichtung einer förmlichen Urkunde (regelmäßig ein Kaufvertrag) ins Auge fassen, in der die Einzelheiten geregelt bzw die Vereinbarung konkretisiert werden soll. Diese Punktation wirkt unmittelbar verbindlich.
Daraus folgt, dass bereits mit Unterfertigung des Kaufanbots durch den Verkäufer eine verbindliche vertragliche Vereinbarung entsteht, wobei ein einseitiger Rücktritt grundsätzlich nicht mehr möglich ist. Dabei ist weiters zu beachten, dass auch der Provisionsanspruch des Immobilienmaklers bereits zu diesem Zeitpunkt entsteht. Bei Abgabe oder Gegenzeichnung eines Kaufanbots ist daher besondere Vorsicht geboten. Ein „einseitiges“ Abgehen von den Vorgaben und Regelungen des Kaufanbots ist in weiterer Folge grundsätzlich nicht mehr möglich. Lassen Sie daher das Kaufanbot vor Abgabe unbedingt von einem Rechtsanwalt prüfen. Wir übernehmen diese Prüfung samt allfälliger Überarbeitung und Ergänzung des Kaufanbots für Sie natürlich sehr gerne.
© Mag. Daniel Lassingleithner, LLM.oec.
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