von Daniel Lassingleithner | Mrz 19, 2020 | Allgemeines Zivilrecht, Schadenersatz & Gewährleistung, Werkvertrags- und Baurecht
Fast täglich erreichen uns neue Anfragen von Mandanten in Bezug auf das Corona-Virus. Fragen, welche vor wenigen Wochen noch surreal erschienen, sind nunmehr relevant für sehr viele Rechtsbereiche.
Derzeit stehen sehr viele Bauunternehmen vor dem Dilemma, dass sie Baustellen zur Eindämmung der Verbreitung des Corona-Virus schließen müssen. Dies hat naturgemäß zur Folge, dass die Wohnungen bzw. Häuser nicht zum vereinbarten Termin an die Käufer übergeben werden können. Es stellt sich daher die Frage, ob die Käufer gegenüber dem Bauträger bzw. dem jeweiligen Vertragspartner Schadenersatzansprüche (zB Mietkosten für Ersatzwohnung) geltend machen können.
Zunächst ist festzuhalten, dass der OGH im Jahre 2005 die Krankheit SARS als „höhere Gewalt“ eingestuft hat (vgl. 4 Ob 103/05h). Es ist daher durchaus berechtigt davon auszugehen, dass die neuartige „Covid-19“ Erkrankung ebenso als „force majeure“ einzustufen ist.
Grundsätzlich befindet sich der Bauträger im Schuldnerverzug, sofern er die Wohnung respektive das Haus nicht am vereinbarten spätesten Übergabetermin an den Käufer übergibt. Hierbei ist jedoch zwischen objektiven sowie subjektiven Schuldnerverzug zu differenzieren.
Trifft den Schuldner (Bauträger) kein Verschulden an der verspäteten Übergabe (zB aufgrund „höherer Gewalt“) befindet er sich im objektiven Schuldnerverzug. Im objektiven Schuldnerverzug hat der Gläubiger das Wahlrecht der verspäteten Leistungserbringung zuzustimmen oder vom Vertrag unter Setzung einer angemessenen Nachfrist zurückzutreten. Dem Schuldner ist bezüglich der Nachfrist eine objektiv begrenzbare und deshalb auch realistische „Nachholchance“ zu eröffnen. Ob die Nachfrist angemessen ist, lässt sich daher nur nach den konkreten Umständen des Einzelfalls beurteilen. (vgl. Gruber in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.06 § 918 Rz 34). Schadenersatzansprüche hat der Käufer beim objektiven Schuldnerverzug jedenfalls nicht.
Subjektiver Schuldnerverzug liegt dann vor, wenn der Schuldner (Bauträger) den Verzug verschuldet hat (vgl. Gruber in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.06 § 918 Rz 50). Wesentlich ist, dass der Käufer nur beim subjektiven Schuldnerverzug Schadenersatzansprüche hat.
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass es durchaus möglich erscheint, dass das Corona-Virus als ein Fall der „höheren Gewalt“ eingestuft wird und daher dem Bauträger kein Verschulden an der verspäteten Übergabe angelastet werden kann. Es ist jedoch im Einzelfall zu prüfen, ob das Corona-Virus tatsächlich kausal für die Leistungsverzögerung war bzw. ob ein sorgfältiger Unternehmer den Verzug verhindern hätte können. Eine solche übernehmen wir natürlich jederzeit gerne für Sie.
© Mag. Philipp Holzapfel
Disclaimer: Diese Übersicht dient ausschließlich der unverbindlichen Information und ersetzt keine individuelle Rechtsberatung, weshalb hierfür auch keine Haftung übernommen werden kann.
von Daniel Lassingleithner | Mrz 8, 2020 | Allgemeines Zivilrecht, Reiserecht
Nachdem in unserer Kanzlei bereits erste Anfragen hinsichtlich der Möglichkeit eines kostenlosen Rücktritts einer bereits gebuchten Reise oder eines bereits geplanten Urlaubs in ein vom sogenannten Corona-Virus betroffenes Gebiet eingelangt sind, haben wir für Sie nachfolgend die rechtlichen Grundlagen kurz zusammengefasst.
I. Wer ist mein Ansprechpartner?
Bei Beantwortung dieser Frage ist zwischen einer Pauschal- und einer Individualreise zu unterscheiden. Die Definition der Pauschalreise findet sich im Pauschalreisegesetz (kurz: PRG). Primär versteht man unter einer Pauschalreise eine Kombination aus mindestens zwei verschiedenen Arten von Reiseleistungen für den Zweck derselben Reise, wenn diese Leistungen von einem Unternehmer auf Wunsch oder entsprechend einer Auswahl des Reisenden vor Abschluss eines einzigen Vertrags über sämtliche Leistungen zusammengestellt werden. Der klassische Fall ist daher die Buchung einer Reise über das Reisebüro, bei welchem sogleich Flüge, Hotel und Transport in Einem gebucht werden. Aber auch bei einer Online-Buchung liegt oft eine Pauschalreise vor. Weitere im Gesetz definierte Fälle werden ebenfalls als Pauschalreise gesehen. Bei einer Individualreise werden hingegen Flüge, Hotel und Transport etc. jeweils separat gebucht.
Im Falle einer Pauschalreise ist der Reiseveranstalter Ihr einziger Vertrags- und somit auch Ansprechpartner, sodass Sie auch ausschließlich gegenüber diesem den Rücktritt erklären müssen. Hingegen müssen Sie bei einer Individualreise mit jedem Ihrer Vertragspartner (Fluggesellschaft, Hotel etc.) verhandeln bzw gegenüber jedem Vertragspartner den Rücktritt erklären.
II. Kann ich bei Abschluss einer Stornoversicherung kostenlos zurücktreten?
Grundsätzlich ist diese Frage abhängig von den Vertragsbedingungen der jeweils abgeschlossenen Stornoversicherung und somit von den Umständen des Einzelfalls. Allerdings „greifen“ Stornoversicherungen im Allgemeinen nur dann, wenn Sie selbst krank werden und eine entsprechende Arztbestätigung vorliegt. Eine abgeschlossene Stornoversicherung wird daher nur in wenigen Fällen tatsächlich helfen.
III. Rücktritt wegen „Wegfall der Geschäftsgrundlage“ ?
Ein kostenloser Rücktritt könnte bei einem sogenannten „Wegfall der Geschäftsgrundlage“ möglich sein. Gehen die Parteien bei Vertragsabschluss selbstverständlich vom Bestehen, (unveränderten) Fortbestehen oder künftigen Eintritt bestimmter Umstände im Vertragsumfeld aus und werden sie in ihrer Erwartung enttäuscht, ohne für diesen Fall vertraglich eine Regelung vorgesehen zu haben, stellt sich die Frage nach den Auswirkungen dieser Umstandsänderung auf den Vertrag. Die Gefährdung der Gesundheit am Urlaubsort kann unter bestimmten Voraussetzungen einen Wegfall der Geschäftsgrundlage darstellen, sodass ein kostenloser Rücktritt möglich wäre.
Wesentlich ist jedenfalls, dass die „Buchung“ der Reise in eine betroffene Region bereits vor dem „Ausbruch“ des Virus in dieser konkreten Region erfolgte, andernfalls keine überraschende Änderung der Umstände mehr vorliegen würde. Wenn also das Reiseziel in einem vom Corona-Virus betroffenen Gebiet liegt – etwa in Norditalien – und die „Buchung“ der Reise bereits vor dem „Ausbruch“ erfolgte, kann meines Erachtens – abhängig von den Umständen des Einzelfalls – der Rücktritt von der Pauschalreise erklärt werden. Dies allerdings nicht bereits Monate vorher, sondern erst zeitnahe vor Antritt der Reise, da die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Reiseantritts entscheidend sind. Eine offizielle Reisewarnung ist für einen Rücktritt grundsätzlich keine Voraussetzung.
IV. Fazit:
Abhängig von den Umständen des Einzelfalls kann also unter bestimmten Voraussetzungen ein kostenloser Rücktritt von der geplanten Reise möglich sein. Aufgrund der großen Einzelfallbezogenheit sollte dies jedoch im Detail geprüft werden. Eine solche übernehmen wird natürlich jederzeit gerne für Sie
(c) RA Dr. Daniel Lassingleithner, LLM.oec.
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